Auf unsere Projekte sind betroffen! Die hessischen Naturschutzverbände NABU, BUND, HGON und BVNH kritisieren den Entwurf für den neuen Landeshaushalt 2025 kritisch, da die geplanten Kürzungen zum Nachteil des Naturschutzes sind. Auch der Naturschutzbeirat des Kreises Gießen hat sich geäußert.

Die Naturschutzverbände NABU, BUND, HGON und BVNH sehen im Entwurf für den neuen Landeshaushalt 2025 eine Geringschätzung des Naturschutzes durch die neue Landesregierung. „Die Kürzungen stehen im deutlichen Widerspruch zu den gewachsenen rechtlichen Verpflichtungen“ so Maik Sommerhage, Vorsitzender des NABU Hessen. Es brauche nicht weniger, sondern stärkere Anstrengungen, um das Artensterben aufzuhalten. Er fordert den Haushaltsausschuss, der am Dienstag (18.2.) tagt, zu Korrekturen auf. Der Haushaltsplan sieht Kürzungen für das Zentrum für Artenvielfalt um 1,9 Millionen Euro vor, bei übergreifenden Naturschutzprojekten um 700.000 Euro, bei der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie um 500.000 Euro und beim Schutzgebietsmanagement um 200.000 Euro.

90 Vogelarten, 51 Schmetterlingsarten, 520 Großpilzarten, 496 Pflanzenarten, 30 Libellenarten und 28 Säugetierarten stehen auf den Roten Listen bedrohter Arten in Hessen. „Die Mittel werden dringend gebraucht, um Pflichtaufgaben zu erfüllen, die sich zum Beispiel aus der EU-Wiederherstellungsverordnung ergeben“, so Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen. Diese fordert die Renaturierung vieler verlorener oder bedrohter Lebensräume. „Kürzungen bei der Renaturierung von Gewässern und besserer Wasserqualität um 512.000 Euro ignorieren das riesige Umsetzungsdefizit bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie“, so Nils Stanik und Inga Hundertmark, Vorsitzende der HGON. Hessen steuere so auf Vertragsverletzungsverfahren zu, die am Ende deutlich teurer würden, als die Naturschutzziele jetzt schon ordentlich umzusetzen. 

„Wenn Gelder knapp werden, muss das Land Natur- und Artenschutz mehr auf seinen Eigentumsflächen umsetzen“, so Sommerhage. Nirgendwo sei Naturschutz schneller, einfacher und billiger umzusetzen. So besitzt das Land als größter Waldeigentümer in Hessen 3415 km² Fläche. Hier ließen sich problemlos die verlorengegangenen natürlichen Wald-Lebensräume wiederherstellen. Auch rund 150 km² landwirtschaftliche Flächen befinden sich in Landeseigentum, auf denen Arten des Offenlandes eine neue Heimat finden könnten. Die öffentliche Hand müsse ihrer Verantwortung gerecht werden. „Die Wissenschaft ist sich einig, dass wir eines der größten Artensterben der Geschichte miterleben, nicht nur in Hessen, sondern global. Wenn wir nicht schleunigst etwas ändern, werden wir immer mehr heimische Arten verlieren und dem Naturschutz in diesen Zeiten ‚den Hahn zuzudrehen‘ ist fatal“, so Arthur Händler, Vorsitzender der BVNH. Neben der Klimakrise stelle das Artensterben die zweite existenzbedrohende Krise unserer Zeit dar. Die hessische Biodiversitätsstrategie dürfe deshalb kein „Papiertiger“ bleiben, sondern müsse auch konkret umgesetzt werden. 

Für Rückfragen:
Mark Harthun, Geschäftsführer Naturschutz | Telefon: 06441-67904-16 | Mobil: 0170-3652404 | E-Mail: mark.harthun@nabu-hessen.de

Der Naturschutzbeirat des Kreises Gießen äußert sich zur aktuellen Naturschutzpolitik der hessischen Landesregierung

In einer Pressemitteilung äußert sich der Naturschutzbeirat (NBR) des Kreises Gießen zu der aktuellen Naturschutzpolitik und zieht Bilanz nach einem Jahr der neuen hessischen Landesregierung. Nach Ansicht des NBR wurde eine komplett neue, auf die Interessen der Landnutzer ausgerichtete Naturschutzpolitik eingeleitet.
Hierzu zählt unter anderem die Aufnahme des Wolfs in das Jagdgesetz verbunden mit dem Wunsch auf Regulierung. Außerdem wurden die Zuständigkeiten für den Wolf vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) auf Hessen-Forst übertragen. Ehrenamtlich tätige Wolfsberater werden von der hessischen Landesregierung nicht einbezogen. Dieses ist nicht zielführend auf die Biologie der Art und ihren Wert für die Tier- und Pflanzenwelt ausgerichtet, sondern bedient lediglich einseitig Ängste und Wünsche von Tierhaltern.
Es erfolgt keine Umsetzung des Schutzprogramms für windenergiesensiblen Tierarten.
Es ist kein Bekenntnis zum Ausbauziel von 25 % Ökolandbau, kein Pestizidreduktionsplan sowie keine Einberufung eines runden Tisches von Landwirtschaft und Naturschutz erfolgt.
Es gibt keine Rechtsverordnungen für Biosphärenreservate/-gebiete.
Es erfolgte eine Streichung von Finanzierungen des HLNUG um 40 %, ein Stopp der Naturschutzförderungen von Naturschutzverbänden und es bestehen Unsicherheiten, ob noch Mittel aus der Biodiversitätsstrategie zu Verfügung stehen. Somit können wichtige Maßnahmen wie z.B. die Pflege und Nachpflanzungen in Streuobstgebieten derzeit nicht mehr oder nur noch verringert in Eigeninitiative durchgeführt werden. Ebenso fehlen Strategien zu Moorrenaturierungen, Hessischem Klimaplan, Vorgaben zum Insektenmonitoring und Verminderung des Insektensterbens. Damit werden Vorgaben der EU zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie und zur EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur nicht umgesetzt, was in Anbetracht mehrerer anhängiger Strafverfahren durch die EU sehr unverständlich ist.
Scharf zu kritisieren ist die Weigerung der Einsetzung von Naturschutzbeiräten auf der mittleren Ebene der Regierungspräsidien, die im neuen Hessischen Naturschutzgesetz verbindlich vorgeschrieben ist und von den Regierungspräsidien dennoch nicht umgesetzt wird, wie kürzlich nochmals vom Regierungspräsidenten Dr. Ullrich bestätigt.
So ergibt sich ein Gesamtbild, dass die derzeitige hessische Landesregierung den Anforderungen im Umwelt-, Klima- und Naturschutz nicht gewachsen scheint, was zu einem Rückschritt in all diesen Bereichen führt und somit zu Lasten von zukünftigen Generationen gehen wird.